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Sparen durch Privatisierung (Stuttgarter Zeitung - 15.08.2003)

Nach der Sommerpause - Landeshaushaltsplanung 2004

Hartes Ringen um jeden Euro steht bevor

Stuttgart - Noch genießen etliche Landespolitiker die letzten Tage der parlamentarischen Sommerpause, aber in Stuttgart wartet schon unangenehme Arbeit auf sie: Die Aufstellung des Landeshaushalts 2004. Die anhaltend schwierige Wirtschaftslage und gegenüber den Planzahlen weiter rückläufige Steuereinnahmen zwingen die Finanzpolitiker zu weiteren schmerzhaften Kürzungen. Trotz Urlaubszeit hat in Regierung und Parlament das harte Ringen um jeden Euro schon längst begonnen.

Die meisten so genannten Chefgespräche der Ressortminister mit Baden-Württembergs oberstem Kassenwart Gerhard Stratthaus (CDU) sind gelaufen, aber die angestrebten Einsparungen sind dem Vernehmen nach noch bei weitem nicht erreicht. Insgesamt 800 Millionen Euro, so die Vorgabe des Finanzministers und der CDU/FDP-Koalition, sollten insgesamt gestrichen werden. Nur knapp die Hälfte ist angeblich bisher erreicht. Gleichwohl gibt man sich im Finanzministerium optimistisch, das die schwierige Sparoperation gelingt. Wie sich ein Vorziehen der Steuerreform im Land auswirkt, ist dabei freilich noch nicht berücksichtigt.

Zudem sind seit Mitte der 90er Jahre die Ausgaben des Landes immer wieder gekürzt worden. Mittlerweile sind selbst die findigsten Sparkommissare ratlos, wie die neuerliche Vorgabe erfüllt werden soll. Denn schon der laufende Etat 2003 wurde wegen Steuerausfällen von 284 Millionen Euro im Mai nach unten korrigiert. Durch eine Haushaltssperre in Höhe von 100 Millionen Euro behielt sich die Regierung vor, über bereits geplante Ausgaben im Einzelfall zu entscheiden.

Angesichts der angespannten Lage schaut jedes Ressort argwöhnisch, welche Sparmöglichkeiten bei anderen Ministerien bestehen. So listet ein regierungsinternes Papier, das der dpa vorliegt, detailliert auf, in welchen Bereichen das Land noch Subventionen gibt, wobei schon der Begriff zwischen den Fachleuten umstritten ist. Was fällt im engeren Sinn unter staatliche Finanzhilfen, lautet die Streitfrage.

Es falle auf, so heißt es in dem Vermerk, «dass die beiden Fachressorts mit den höchsten Ausgabenvolumina im nicht- zwangsläufigen Bereich (Kultusministerium und Ministerium Ländlicher Raum), die also theoretisch auch höhere Einsparleistungen erbringen müssten, die niedrigsten rechnerischen Sparquoten aufweisen.» Besonders drastisch sei dies beim Agrarressort, das nur 32,6 Prozent seiner Ausgaben einsparen müsse.

Derartige Kritik wird im Haus von Landwirtschaftsminister Willi Stächele (CDU) mit dem Hinweis auf die so genannten kofinanzierten Programme gekontert. Das sind Förderprogramme für die Bauern in dreistelliger Millionenhöhe, bei denen ein Großteil der Gelder aus Brüssel oder Berlin kommen. Würde sich das Land daraus zurückziehen, wären auch die EU- und Bundesmittel verloren. Und im Kultusressort sieht man angesichts der Notwendigkeit, genügend Lehrer an die Schulen zu bekommen, auch kaum Möglichkeiten, drastisch zu sparen.

Das Justizministerium steckt ebenfalls in einer schwierigen Lage, weil sein Haushalt fast ein reiner Personaletat ist: Keine Förderprogramme oder Finanzhilfen, sondern Besoldung für Richter, Staatsanwälte, Vollzugsbedienstete oder Gerichtsvollzieher. Hier wie verlangt gut 21 Millionen Euro zu sparen, ohne den Rechtsstaat zu gefährden, ist kaum möglich. Aber Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) versucht zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Im Zuge der Justizreform sollen Notariate, Gerichtsvollzieher, Bewährungshelfer und die Handelsregister privatisiert werden. Das würde sich zwar erst 2004 in der Kasse auswirken, aber die Personalkosten ließen sich dadurch drastisch senken.

Weitere Ideen für das Engerschnallen des Gürtels wollen die Spitzenkoalitionäre in der Haushaltsstrukturkommission der Regierung am 8. September suchen. Daran schließen sich mehrtägige Klausurtagungen der Fraktionen an.

dpa/lsw
aktualisiert: 24.08.2003, 09:37 Uhr


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